Die Hochebene Perus ist im Gegensatz zu der restlichen Altiplano von Canyons zerfurcht. Sie entwässern das Gebiet sowohl ostwärts in das Amazonasbecken (der Amazonas selbst hat seine Ursprünge hier) als auch westwärts in den Pazifik. Die verzweigten Schluchten sind sehr lang und tief, während die Bäche an dessen Talgrund durch die Trockenheit der Region kaum mehr als Rinnsale darstellen. Die Busfahrt von Cusco nach Westen war daher zunächst sehr spektakulär. Leider waren wir noch nicht einmal aus dem ersten Canyon wieder draußen, als es schon stockfinster wurde. Das zerfurchte Land bedeutet auch, dass es vermutlich im gesamten hohen Westen Perus (abgesehen von der an der Küste entlang führenden Panamericana) keine gerade Straße gibt, oft nicht einmal für einen Kilometer. Ich habe noch nie eine Straße erlebt, auf der man 15 Stunden lang permanent Serpentinen fährt. Die ganze Nacht nur eine Serpentine nach der anderen. Der Straßenverlauf führte auch meistens nicht längs durch einen Canyon, sondern senkrecht dazu. Kaum war man aus einem Canyon draußen, ging es bereits wieder hinunter in den nächsten. Aus diesem Grund wurden bereits zu Beginn der Fahrt Kotztüten verteilt. Wir haben die Kurvenfahrt ganz gut überstanden, doch zwei Touristen hinter uns hat es in der Nacht oft auf die Toilette getrieben...
Am frühen Morgen führte die Straße endlich von der Hochebene hinunter zur Küste. Nach über drei Wochen waren wir somit wieder auf für uns gewöhnlichen Höhen unterwegs. Das Land hier ist außerordentlich trocken. In der hyperariden Küstenwüste Perus, die durch den kalten Humboltstrom vor der Küste zustande kommt, wächst abgesehen von ein paar Flussoasen kein Strauch. Vielerorts fährt man durch eine reine Sandwüste. Am Ufer dieser Wüste, direkt an der Paracas-Halbinsel, liegt die Touristenstadt Paracas. Das Dorf besteht aus ein paar Häuserreihen. Die ersten drei Reihen vom Ufer aus sind ausschließlich Hotels, Restaurants, Hostels und Agencies. Dahinter stehen die Häuser der Bewohner - Slums, aus Brettern und Wellblechen oft selbst zusammengezimmert.
Wir checkten ins Hostel "Icthus" ein und buchten für den Nächsten Tag eine Bootstour zu den Ballestas-Inseln sowie eine Bustour zur Paracas-Halbinsel. Anschließend machten wir uns gleich auf zum Strand. Als wir den Pazifik erreichten, war unsere Südamerika-Durchquerung offiziell komplett, wir waren ja in Buenos Aires am Atlantik gestartet (wenn man den äußeren Teil des Rio de la Plata schon zum Meer zählt). Das Meer vor Paracas war leider relativ dreckig, es schwammen Müll und Pflanzenreste herum und der Geruch des Wassers war auch nicht angenehm. Nichtsdestotrotz war es erstaunlich warm (dafür, dass es hier den kalten Humboltstrom gibt) und wir konnten zum ersten Mal einige Pelikane beobachten, die bis zum Strand vorkamen und hin und wieder in abenteuerlichen Flugmanövern nach Fischen tauchten. Die Uferpromedade von Paracas is gesäumt mit Restaurants zweiter (Plastikstühle und -tische) und erster Klasse sowie Souveniershops. Die Speisekarten bieten fast ausschließlich Fisch- und Meeresfrüchtegerichte an.
Am nächsten Morgen ging es zunächst auf die Bootstour zu den Ballestas-Inseln. Da dies die Hauptattraktion ist, kann man bei dieser Tour mit hunderten weiteren Touristen rechnen. Zunächst steht man in der Eintrittskartenschlange für den Nationalpark, anschließend in der Schlange für die Speedboote. Auf jedem Boot nahmen etwa 40 Personen ihren Platz ein (alle paar Minuten verlässt ein Boot den Pier; die Boote fahren alle die selbe Route in Reih und Glied ab). Die gesamte Tour dauert weniger als eine Stunde. Die Stops sind auf jeweils weniger als drei Minuten begrenzt, um möglichst viele Touristen abzufertigen. Obwohl man dadurch nur einen kurzen Eindruck bekommt, sahen wir so als erstes die Geoglyphe von Paracas, die von ungeklärten Menschen vor ungeklärter Zeit in den Sand der Halbinsel gegraben wurde (sieht aus wie ein Kerzenständer) und anschließend natürlich die Fauna der Ballestas Inseln. Darunter waren Pelikane, Bsehr viele Blaufußtölpel, Südamerikanische Seelöwen, die sich auf den Felsen sonnten und (was mich am meisten interessiert) eine kleine Kolonie von etwa 20 Humboltpinguinen. Die Inseln sind tatsächlich kaum mehr als Felsen, maximal von 100 m Durchmesser und fast vollständig mit Guano (Seevögelexkremente) bedeckt. Dementsprechend hat es auch schon vom Weiten sehr streng gerochen. Auf einem der Felsen wurde eine Station für Biologen errichtet, die an den Seevögeln forschen. Trotz der Ausschlachtung dieses Naturjuvels durch den Tourismus war die Beobachtung der Tiere und ihres Lebensraums die Fahrt absolut wert.
Nach einer Stunde Pause ging es schon auf die zweite Tour: mit dem Bus zur Paracas-Halbinsel, geführt von einem holländischen Aussteiger. Die Halbinsel ist Teil eines Nationalparks und kaum mit Straßen erschlossen. Man gelangt daher nur bis zu ihrem Schaft. Der erste Stop war ein Denkmal eines argentinischen "Befreiers Südamerikas", also irgendeines Unabhängigkeitskämpfers, danach folgte das Besucherzentrum des Nationalparks, an dem ein Museum für die Völkerkunde der Region angeschlossen war. Das Besucherzentrum war recht modern und interessant, es zeigte die Geologie und Fauna der Wüstenregion auf. Als nächstes fuhren wir an die Südküste zu einer ehemeligen berühmten Felsformation ("die Kathedrale"), ein Steinbogen, der jedoch nicht mehr zu sehen war, da ein Erdbeben ihn einstürzen ließ. Darauf folgte ein Hügel, der eine schöne Aussicht über die Küstenwüste und Halbinsel bot. Das Panorama war atemberaubend: die Sandwüste ist absolut rein, frei von jeder Flora und bricht apprupt am Meeresufer etwa 10-20 m senkrecht ab, worauf ein kurzer Strand folgt. Die Topografie ist schön hügelig, aber bis auf die Kante am Meer nicht schroff. Bevor es zu einem Strand mit einigen teuren Fischrestaurants ging, an dem ich auch endlich mal ein Bad nehmen und nebenbei ein paar Pelikane beobachten konnte, besuchten wir noch einen roten Strandanschnitt. Auch diese Tour war ausgetreten und wie eine Rentner-Pauschalreise, doch sie bietete die billigste (nur 5€!) und einfachste Möglichkeit, einen Eindruck von diesem Nationalpark zu erhalten. Am letzten Abend hatten wir noch ein üppiges Fischgericht in einem der günstigeren Restaurants von Paracas, bevor es am nächsten Tag in die Haupt- und Multimillionenstadt Lima ging...
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